StartseiteKAMILUKAMILU September 2008


Letzte Woche hab ich damit angefangen, die Ludwigsfelder Kamine zu fegen. Ja, ja, die Heizperiode geht dieses Jahr früher los als sonst.

Da hab ich mittlerweile mehr Arbeit mit, als mit der jährlichen Kontrolle der Gasheizungen. Ruß hab ich im Gesicht gehabt, wie mein Vater selig in der Nachkriegszeit. Der war nämlich auch schon ein Schlotfeger. Es hat nur noch gefehlt, dass die Kinder rufen „wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann?“. Ich hätte sie sogar verstanden, so Furcht erregend hab ich ausgeschaut. Als ich am Abend heim kam und mich in meinem Badezimmerspiegel sah, bin ich selber fast zu Tode erschrocken, so gruselig sah mein schwarzes Spiegelbild aus.


Ist ja auch kein Wunder, bei dem vielen Ruß, den ich zu fegen hab. Immer mehr Luckifelder nutzen die Kamine, um wieder die guten alten Holz-Kohle-Öfen anzuschließen. Rauch steigt wieder aus den Ludwigsfelder Schornsteinen, immer mehr Kamine qualmen. Und zurück im Schlot bleibt der Ruß und der wartet dann auf mich, damit ich ihn wieder raushole, damit die Kamine wieder richtig Zug bekommen.

Den hohen Gas- und Ölpreisen trotzen die Ludwigsfelder Ofenheizer. Andere können das nicht, denn die haben gar keinen Kamin in ihrer Wohnung.

Der Sohn von der Dings aus der der Diamantstraße…. ja sie wissen schon wen ich mein, der Sohn von der Blonden, die immer jeden auf der Straße anspricht und nimmer aufhören will zu erzählen. Einen Spitznamen hat er, der junge Mann, grad mal 20 Lenze ist er alt. Der erzählt mir doch, wie „geil“ es sei, mit richtigem Feuer zu heizen. Geschwärmt hat er von der Wärme in seiner ganzen Wohnung, die man nur mit einem Holz-Kohle-Ofen so gut hinkriegt. Und weiter meint der junge Spund, dass das Knistern der Holzscheitel auch nicht zu verachten sei, und dass seine Freundin, die kleine Rothaarige aus der Smaragdstraße, ganz heiß darauf sei wenn’s so knistert und die Funken im Ofen fliegen. Der Schimmel habe sich auch aus seiner Wohnung verabschiedet, seitdem er den Holzofen hat.

Und Recht hat er, der Bub. Schon mein Vater selig hat von dem Zentralheizungskram nichts gehalten. Mich wundert es halt ein wenig, dass den jungen Leuten die Schlepperei des Brennmaterials nach oben und dann wieder den Eimer mit der Asche nach unten, abgesehen von dem Dreck, den so ein Holzofen macht, nicht zu viel ist. Es heißt doch immer, die jungen Leute von heute seien so verwöhnt und bequem. In Luckifeld offenbar nicht. Die schätzen noch das Urige, auch wenn’s Arbeit macht, weil man nicht nur am Thermostat drehen muss, wenn man’s warm haben will in seinen vier Wänden.

Und wenn ich jetzt weiter darüber nachdenke, wie es wohl werden wird, wenn’s dann alle ihre Zwangs-Etagenheizung in ihren Wohnungen haben. Diese Heizungen, die gar nicht jeder braucht, weil so viel mit erneuerbaren Energien geheizt wird….

Berthold Brecht hat einmal gesagt: „Stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin“. Und ich, der KAMILU sag jetzt: Stell Dir vor, es gibt eine Heizung und keiner macht sie an.

Macht’s es gut meine Holz-Kohle-Ofen-Freunde

Euer

KAMILU

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